Rundbrief Dezember 2006
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Abs.: Christel Spenn Immermannstr.27, 39108 Magdeburg
Magdeburg, 19.11.06
Volkstrauertag
Du sollst nicht begehren deines
Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd, Rind, Esel
noch alles was sein ist.
5. Mose 4.5
Liebe Freundinnen und Freunde der Colbitz-Letzlinger Heide,
eben habe ich in meiner Bibel gelesen, eine Übersetzung Martin Luthers. Zu seiner Zeit war Deutschland heruntergekommen, so daß sich Widerstand aller Orten regte. Der soziale Frieden war gestört. Die Menschen brauchten neue Hoffnung und ihr täglich Brot. Die Hoffnung gab Luther ihnen mit seiner Bibelübersetzung. Doch damals und schon gar nicht zur Zeit Moses gab es das Energie- und Rohstoffproblem. Sonst hätte es sicher auch in dem Gebot gestanden.
Im neuen
"Weißbuch der Bundeswehr" steht nun aber: "Deutschland hat aufgrund seiner immer engeren Verflechtung in der Weltwirtschaft besonderes Interesse an ... ungehindertem Warenaustausch" und ist "in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab abhängig". "Störungen der Rohstoff- und Warenströme" bleiben "nicht ohne Auswirkungen auf die nationale Volkswirtschaft, Wohlstand und sozialen Frieden". Ist es Zynismus, was ich dort lese? Deutschland will nicht rauben! Wir wollen Energie- und Rohstoffe kaufen. Nicht von den Völkern die in den Ländern leben. Zumindest nicht von den ganzen Völkern. Am besten von Privaten Unternehmen. ...und was Wohlstand und sozialen Frieden angeht, so sehe ich wie der durch unsere eigene Regierung zerstört wird. Immer weniger Menschen sind in der Lage, ihr täglich Brot würdevoll zu erwerben. So wundert es nicht, daß im "Weißbuch" eine Verfassungsänderung angestrebt wird. Mit dem Ziel, die Bundeswehr in Deutschland einzusetzen. "Überschneidungen zwischen innerer und äußerer Sicherheit" heißt es.Ich würde mich freuen, wenn wir mehr über
Friedensangelegenheiten diskutieren. Das ist das Wichtigste in unserer Zeit. Nur bitte- den strittigen Brief (vgl. Heidebrief 160/ 157) habe ich verfaßt und es ist unfair, dafür den Friedensweg zu verdammen. Meine Mitstreiter sind an dem Brief nur insofern schuldig, als sie mir nicht widersprachen. Was nun auch wieder nicht stimmt, denn Herr Kerntopf tat es.Der letzte Friedensweg war schön. Wir haben den Truppenübungsplatz nicht betreten!
(Wer kann, sollte auch einmal auf unsere Homepage sehen.) Hinzufügen möchte ich, daß dort 2 junge Haldensleber waren, die uns zu Ihrem Aktionstag gegen Rechtsextremismus in Haldensleben am Sonnabend, dem 25.11.06 von 11 - 16 Uhr in die Hagenstraße einluden.Unsere nächsten Friedenswege sollen auch nicht mehr so aufregend, dafür mehr in der Öffentlichkeit sein. Nicht, weil wir den Feldjägern ihren Job nicht gönnen. Wenn sie schon nichts Schöpferisches zu tun wissen, sehen wir sie lieber bei uns. Nein, wir wollen auch mit Menschen die zivilen Ungehorsam nicht so mögen, für den Frieden demonstrieren. Der
161. Friedensweg, ist Sonntag, 03. Dezember 2006, 14:00 Uhr an der Einmündung der Heidestraße auf die B 189 nördlich Colbitz. Die 5 km Wanderung ist mit weihnachtlicher Überraschung; Empfehlung: 17 Uhr Adventskonzert in der Pauluskirche.Das Arbeitstreffen am 06. Dezember 2006 um 19 Uhr findet in Gardelegen, Isen- schnibber Straße 45 bei Frigga Conrad statt. Dort geht es um die Jahrestagung am 6.1.2007.
Euer Hermann
Wer mit dem Schädel spielt
"Störung der Totenruhe"? Die Debatte um die Soldaten ist heuchlerisch Von Sibylle Tönnies
Sunt pueri pueri, pueri puerilia tractant" heißt ein lateinisches Sprichwort. Es diente den Römern als Ermahnung, die moralischen Maßstäbe gegenüber Pubertierenden nicht zu hoch zu setzen. Gerade diejenigen, die in diesem Alter Dummheiten machen, sind oft die Besten, und gerade sie sollte man nicht kaputtmachen – diese Weisheit liegt dem Sprichwort zugrunde. Sie wird missachtet, wenn Jahre zurückliegende jugendliche Dummheiten in die Schlagzeilen kommen.
Es ist die Frage, ob Soldaten Mörder sind – auf jeden Fall sind sie Kinder: große Kinder, die noch nicht auf eigenen Füßen stehen, sondern gerade erst unter der Schürze ihrer Mutter hervorgekrochen sind und in der Befehlsstruktur einer Armee nach Geborgenheit suchen. Von jeher stellt das Militär blutjunge Kerle an die Waffen (die Genfer Konvention erlaubt das Einziehen von Fünfzehnjährigen). Von jeher macht sich das Militär die Gehorsams- und Sterbebereitschaft zunutze, die das Ergebnis von Unreife ist. Will man diesen Vorteil nutzen, so darf man sich andererseits nicht über frivole Verspielheit beklagen.
Denn alles kann man nicht haben: die nützliche Unreife und die nötige Abgeklärtheit, die verbietet, mit einem Schädel dummes Zeug zu machen.
Weiß man denn, was die jungen Medizinstudenten während ihres Praktikums in der Pathologie für Witze machen? Ich habe schon Erstaunliches darüber gehört, wie es am Leichentisch zugeht – wenn keiner guckt. Angeblich ist da auch das Obszöne nicht ausgeschlossen. Erstaunlich sind solche Berichte allerdings nur, solange nicht berücksichtigt wird, wie schwer das psychische System die körperliche Begegnung mit dem Tod verarbeitet. Die Dummheiten, die anlässlich dieser Begegnung gemacht werden, sind wahrscheinlich ganz gesund. Sie verhindern, dass die Eindrücke nach innen schlagen.
Dasselbe gilt – verschärft – für die Jungens, die mitten aus einem harmlosen Alltag gerissen und mit der Möglichkeit, töten zu müssen oder selbst getötet zu werden, konfrontiert sind. Wenn sie dadurch nicht in seelische Abgründe gerissen werden wollen, müssen sie einen frivolen Humor aktivieren. Die Verwegenen unter ihnen können die Gelegenheit, den Tod einmal kräftig auf die Schippe zu nehmen, nicht gut auslassen. Man sollte sie ungestraft lassen.
Man wird sie – wenn man die einschlägige Vorschrift des Strafgesetzbuchs richtig anwendet – auch ungestraft lassen müssen. Eine "Störung der Totenruhe" setzt nämlich "eine besonders hohe Missachtungskundgebung voraus, mit welcher dem Toten Verachtung entgegengebracht und ihm Schimpf angetan werden soll". Dieser Fall liegt hier nicht vor. Nicht einem Toten wurde hier Schimpf angetan. Sondern dem Tod. Seine Hoheit persönlich wurde verarscht. "Fuck you" wurde ihm, der sich in dem Schädel als seiner Ikone verkörpert, zugerufen. Anders ausgedrückt: Dem Sensenmann wurde der Stinkefinger gezeigt.
Die Reaktion der Öffentlichkeit ist heuchlerisch. Sie verdrängt mit ihrer Empörung, dass sie sich selbst gerade in dem heiklen Bereich von Tabu und Frevel bewegt. Sie verdrängt die Skrupel, die fällig sind, weil sie zulässt, dass Deutschland – ohne angegriffen zu sein – wieder Soldaten in die Welt schickt, die dort offensiv tötend tätig werden. Deutschland ist wieder normal geworden – in der Weise, dass es den Schwur gebrochen hat, den es nach dem Zweiten Weltkrieg abgelegt hat: Nie wieder Krieg! Das Tötungs- Tabu sollte diesem Volk in Zukunft absolut heilig sein. "Kein Deutscher soll jemals wieder einen Helm tragen", hatte Konrad Adenauer gesagt, und nur aufgrund dieses Schwurs waren die Deutschen imstande, nach 1945 wieder ihr gesenktes Haupt zu heben.
Wenn ein Tabu gebrochen wird und die Angst vor Frevel aufkommt, werden Sündenböcke gebraucht. Man macht sich sauber, indem man sie verdrischt. So schicken die Deutschen ihre Jungens wieder hinaus in den bösen alten Tanz – aber erlauben ihnen nicht, die damit verbundenen Belastungen auf ihre jugendliche Weise, nämlich frivol und obszön, zu kompensieren. Sie dürfen töten – aber sie dürfen sich nicht dadurch entlasten, dass sie den Tod auf die Schippe nehmen.
Die Autorin ist Juristin und Lehrbeauftragte an der Universität Potsdam.
Tagesspiegel 27.10.06
Zitate aus dem Weißbuch auf der Vorderseite sind aus
www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23836/1.html - 36k - 17. Nov. 2006Am 2./3. 12. tagt der nächste Friedensratschlag in Kassel.
Uns erreichte gerade die traurige Nachricht, dass unser Freund und Mitstreiter
Werner Grellmann
im Alter von 68 Jahren gestorben ist. Die schwere Krankheit, die Ursache dafür war, dass er in der letzten Zeit seltener bei uns zu sehen war, hat ihn nun besiegt. Über die OFFENe HEIDe hinaus wirkte er aktiv für den Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide, war eine feste Größe im Umweltschutz und in der Kommunalpolitik des Ohrekeises. Bewahren wir uns die Erinnerung an den Mann, der nie an der Oberfläche blieb und den Sachen auf den Grund ging, und führen wir sein Werk gemeinsam fort.
Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Stunde seiner Frau und seiner Tochter.
Über den Termin der Beisetzung informieren wir noch per e-Mail. Wer keine e-Mails erreicht, kann den Termin bei einer der Kontaktadressen befragen.