Förderverein "Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide" e.V.

Naturparkkonzeption für den Naturpark "Colbitz-Letzlinger Heide"

Erarbeitet vom Wissenschaftlichen Beirat des Fördervereins

Federführung: Prof. Dr. V. Lüderitz
Prof. Dr. H. Kunze
Dr. D. Mißbach
Unter Mitarbeit von: E. Brämer
G. Zörner
H. Wehde
Dr. F. Riesbeck
Dr. P. Neuhäuser
Prof. Dr. G. Peter
H.H. Krug v. Nidda

Inhaltsverzeichnis:

1. Grundsätzliche Bedeutung der Colbitz-Letzlinger Heide für das Land Sachsen-Anhalt

2. Generelle Aufgaben, Gebote und Verbote

3. Politische, rechtliche und administrative Grundlagen der Naturparkausweisung

4. Schlußfolgerungen aus der Naturparkplanung und dem Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt für Schutz und Entwicklung der Colbitz-Letzlinger Heide

5. Einfluß von Maßnahmen der Munitionsberäumung und Dekontamination auf die Naturparkentwicklung

6. Touristische Nutzung des Naturparks

7. Naturparkmanagement

8. Räumliche Ausdehnung des Naturparkes

 

Förderverein "Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide" e.V.

Naturparkkonzeption für den Naturpark "Colbitz-Letzlinger Heide"

 

1 . Grundsätzliche Bedeutung der Colbitz-Letzlinger Heide (CLH) für das Land Sachsen-Anhalt

Die Bedeutung der Colbitz-Letzlinger Heide für die Trinkwassergewinnung und für den Naturschutz ist unumstritten, wurde in der Öffentlichkeit allerdings bisher in unterschiedlichem Maße popularisiert. Während es im Land Sachsen-Anhalt (LSA) inzwischen zur Allgemeinbildung gehört, daß die Heide das quantitativ wie qualitativ bedeutendste Trinkwasserreservoir beherbergt, ist ihr Naturschutzwert in vollem Umfang bisher hauptsächlich Fachleuten, Behörden und ehrenamtlichen Naturschützern bekannt.

Die CLH stellt in ihrer derzeitigen Nutzungsform die größte Heidefläche Mitteleuropas dar. Ihre Wald- und Offenlandschaft muß im deutschen wie im europäischen Maßstab als einmalig und in der bestehenden Naturausstattung und Struktur als dringend zu erhalten angesehen werden (Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, unveröffentlicht).

Der hohe ökologische und damit Naturschutzwert läßt sich im einzelnen wie folgt begründen:

Diese Aussagen gelten in vollem Umfang für das Gebiet des bisherigen Truppenübungsplatzes, aber nur mit Einschränkungen für das übrige Territorium des künftigen Naturparkes.

 

2. Generelle Aufgaben, Gebote und Verbote

Aus dein ökologischen Wert der CLH leiten wir folgende generelle Aufgaben, Ge- und Verbote ab:

 

3. Politische, rechtliche und administrative Grundlagen der Naturparkausweisung

Der vorgelegten Naturparkkonzeption liegen zugrunde:

Die im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg vom 28. Juli 1992 veröffentlichten Verordnungen 017 bis 028 über die einstweilige Sicherstellung der Naturschutzgebiete "Salchau", "Dolle", "Planken-Osterstege", 'Benitz", "Paxförde", "Colbitz-Letzlinger-Heide", "Mooswiese Hottendorf" und "Klüdener Pax-Wanneweh" sowie die Erweiterung der Naturschutzgebiete "Jävenitzer Moor". "Mahlpfuhler Fenn", "Rogätzer Hangohremündung" und "Colbitzer Lindenwald" - ebenfalls zunächst durch einstweilige Sicherstellung. Damit wurde eine Fläche von insgesamt 11715 ha im Gebiet des auszuweisenden Naturparkes unter Schutz gestellt. Bereits dauerhaft ausgewiesen sind das NSG "Lindhorst-Ramstedter Forst (5996 ha), das LSG "Lindenthaler Forst" (4020 ha) und das LSG "Uchte-Tangerquellen" (6681), die in unmittelbarer Nähe des bisherigen Truppenübungsplatzes liegen. Damit beläuft sich die gesamte naturschutzrechtlich geschätzte Fläche auf fast 28500 ha.

Das Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt, weiches auf das Gebiet des auszuweisenden Naturparkes in den Kapiteln "Altmarkheiden" und "Tangergebiet" Bezug nimmt und das in seinen für das vorliegende Konzept relevanten Aussagen im Punkt 4 behandelt werden soll.

Ein von Zörner (1990) erarbeiteter Antrag "Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide", in dem ein mögliches Großschutzgebiet erstmalig in dem Grundzügen skizziert wurde.

Eine einschlägige Naturparkverordnung wird vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung gegenwärtig erarbeitet.

 

4. Schlußfolgerungen aus der Naturparkplanung und dem Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt für Schutz und Entwicklung der Colbitz-Letzlinger Heide.

4.1. Naturparke, in Deutschland ursprünglich zur Bewahrung wertvoller Landschaften und als "Oasen der Stille" im Sinne naturnaher Erholung geschaffen, genießen aus Sicht des Naturschutzes in den alten Bundesländern nicht immer einen guten Ruf. Der Freizeit- und Erholungssektor und weitere wirtschaftliche Interessen dominieren zumeist gegenüber dem Biotop- und Artenschutz und lassen das Etikett "Naturpark" zu einem bloßen Klischee werden.

Mit dem Einbringen des ostdeutschen Nationalparkprogramms in die bundesdeutsche Naturschutzpolitik und -praxis besteht seit 1990 die Chance, den Naturparkgedanken und die Funktion der Naturparke als Großschutzgebiete deutlich aufzuwerten. Müller (1994) schreibt dazu: "In der aktuellen Diskussion und durch eine vom Bundesumweltministerium initiierte Untersuchung über 'Naturparke als Instrument von Naturschutz und Landschaftspflege setzt sich immer mehr der Wille durch, Naturparke als integrierte Schutzgebiete und weniger als nur in der Landschaft liegende Inseln für den Tourismus zu entwickeln. Das neue deutsche Naturparkprogramm und die aus der sachsenanhaltinischen Schutzgebietskonzeption abgeleitete und diesen Trend ausdrücklich aufgreifende Naturparkkonzeption des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz in Sachsen-Anhalt fördert daher die Erarbeitung eines planerischen Gesamtkonzeptes (in Form von Verordnungen und Pflege- und Entwicklungsplänen), betont die Wichtigkeit von Öffentlichkeitsarbeit und Umwelterziehung und rückt die Rolle von Naturparken als Vorbildlandschaften wieder stärker in den Vordergrund".

Im Rahmen der Naturparkplanung des Landes Sachsen-Anhalt werden diesen Großschutzgebieten folgende Aufgaben zugewiesen:

Zone I = Naturschutzzone

I a - Naturschutzgebiete als Kernzonen (Totalreservate)

Nicht touristisch erschlossene Teile von NSG ohne land- und/oder forstwirtschaftliche Nutzung sowie ohne Tourismus, die der natürlichen Sukzession überlassen bleiben und der Forschung sowie in angemessenem Umfang auch speziellen Bildungsaufgaben dienen.

I b - Naturschutzgebiete

Auf den Flächen können zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen (z.B. Naturwaldbewirtschaftung) erfolgen; es findet ein

gelenkter Ökotourismus (Aussichtsplattformen, Naturlehrpfade, Wanderwege, geführte Exkursionen) statt.

Zone II = Landschaftsschutz- und Erholungszone

II a: Beruhigte Teile der Landschaftsschutzgebiete (LSG) ohne Zersiedlung mit potentiellen NSG.

Die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung ist nur insofern eingeschränkt, daß Nutzungsartenänderung (z.B. Grünlandumbruch, Umwandlung von Wald in andere Nutzung) verboten sind; ökologischer Landbau ist ebenso zu fördern wie gelenkter Ökotourismus zur Erholungs- und Bildungsnutzung, beschilderte Wander- und Radwege werden dazu weitmaschig angelegt.

II b: Landschaftsschutzgebiete für die Erholungsnutzung

Land- und Forstwirtschaft wie in II a; bedarfsorientierter Ausbau der touristischen Infrastruktur (Kutschfahrten, Rad- und Wanderwege, Rastplätze) ohne Veränderung des Landschaftsbildes.

 

Zone III = Entwicklungs-, Puffer- und Regenerierungszone

Es handelt sich um den urbanen Siedlungsbereich.

III a - Diese Zone umfaßt Flächen außerhalb von LSG mit kulturhistorisch bedeutsamen Städten, Orts- und Landschaftsbildern; ordnungsgemäße Land- und Forstwirtschaft mit auf den Naturraum bezogenen Vermarktungsstrategien und strukturell (Gewerbegebiete, Einkaufsmöglichkeiten als Wirtschafts- und Entwicklungszonen) dominieren neben bedarfsorientiertem Ausbau der touristischen Infrastruktur (Einrichtungen des Hotel- und Gaststättengewerbes, Campingplätze, Sportanlagen u.ä.).

III b - Sanierungsbedürftige Flächen (Regenerierungszone) sind nach Pflege- und Entwicklungs- sowie Bebauungsplänen zur Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes zu entwickeln.

Ein Spezifikum der CLH besteht hierbei darin, daß sanierungsbedürfte Flächen (Schrott, Kampfmittelreste) in Gebieten zu finden sind, die für den Naturschutz von besonderem Wert sind, z.B. im NSG "Colbitz-Letzlinger Heide". Dieses Problem soll unter (5) spezielle Beachtung finden.

4.2. Das Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt und die Konsequenzen für den Schutz und die Entwicklung von Ökosystemen.

Das Landschaftsprogramm beschreibt neben dem gegenwärtigen Zustand der Schutzgüter Leitbilder für ihre Erhaltung und Weiterentwicklung.

Im folgenden sollen diese Aussagen für einzelne Biotoptypen spezifiziert und um die Beschreibung notwendiger Schutz-, Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen ergänzt werden.

4.2.1. Waldbiotope

Das Institut für Ökologie und Naturschutz e.V. (IÖN) stellte 1992 im Rahmen einer Biotopkartierung 18 verschiedene Typen von Wäldern und Forsten fest. Das Landschaftsprogramm fordert dazu: "Vielfältige Mosaike naturnaher Laubwälder sollen den Standortreichtum dieser Landschaft kennzeichnen. Auf Teilflächen sind traditionelle

Mittelwaldbewirtschaftung) zu sichern und zu erhalten. Ein Teil der Laubmischwälder soll ohne jegliche Nutzung verbleiben. Die Waldnaturschutzgebiete müssen eine Flächengröße aufweisen, innerhalb derer sie sich im natürlichen Bestand kontinuierlich verjüngen können und kleinflächig Sölle, trockene Kerbtäler, Quell- und Moorstandorte sowie trockene Rohbodenflächen enthalten".

Folgende Waldformen verdienen aufgrund der Häufigkeit ihres Vorkommens, ihres Naturschutzwertes und notwendiger Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen besondere Beachtung:

- Stieleichen - Birkenwälder und Vorwälder

Dieser Waldtyp (Betulo - Quercetum roboris) wurde in verschiedenen Teilen des bisherigen Truppenübungsplatzes kartiert, u.a. im Gebiet und Umfeld der NSG "Colbitz-Letzlinger Heide", "Dolle", "Planken-Osterstege" und "Paxförde". Trockene, bodensaure Stieleichen - Birkenwälder stellen die potentielle natürliche Vegetation auf den armen Sandböden des Truppenübungsplatzes dar (Schubert 1960). Die natürlich verlaufende Sukzession im Bereich der Freifläche weist bereits auf eine Ausprägung dieser Waldgesellschaft über ein Birken-Vorwaldstadium bei aufhörender anthropogener Beeinflussung hin (Brämer 1994).

In die Vorwälder sind weiterhin Winterlinde, Aspe und Kiefer eingemischt.

Insbesondere im südlichen Bereich des Naturparkes sollen deshalb Flächen der Sukzession zum Naturwald überlassen werden, der in seiner Ausprägung als lichter Eichen-Trockenwald ein besonders geschätztes Biotop darstellt. Durch hohe Bodenverdichtung bedingter Krüppel- und Kümmerwuchs der Bäume, der für die forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder nachteilig ist, erhöht hier den Naturschutzwert der Bestände.

Da kaum noch natürliche Bestände des Betulo-Quercetum roboris auf trockenen Sandböden existieren (Oberdorfer 1993, Ellenberg 1986), sind die Kenntnisse über diese Pflanzengesellschaft sehr gering, so daß hier ein hoher Nachholebedarf in der pflanzensoziologischen und ökologischen Forschung besteht (Brämer 1994).

Die Forderung nach Zulassung von Sukzessionsvorgängen ergibt sich auch nach Dierssen (1990) unter dem Aspekt des konservierenden Naturschutzes, da Gebiete, welche der natürlichen Sukzession über längere Zeit unterliegen, in der stark nutzungsgeprägten Landschaft selten sind.

Nach Kaule (1991) bedingt das Nebeneinander verschiedener Sukzessionsstadien in der Regel eine große Standort und Artenvielfalt auf engem Raum und stellt vor allem in den Übergangsbereichen Lebensräume dar, die in hohem Maße naturschutzrelevant sind. Zugleich stellen diese Sukzessionsstadien ein einmaliges forstwissenschaftliches Studienobjekt zur Frage der Stabilität nordmitteleuropäischer Waldgesellschaften und ihrer Verjüngung im Sinne der Mosaik-Zyklus-Theorie (Remmert 1991) dar. Zur Erfassung zeitlicher Veränderungen der Phytocoenosestruktur im Verlauf der Sukzession ist eine Anlage von Dauerbeobachtungsflächen (Schubert 1991) zu empfehlen. Auch zur Erfolgskontrolle von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen bieten sich Sukzessionsexperimente an und schaffen gleichzeitig Voraussetzungen für deren Weiterentwicklung (Brämer 1994).

Die natürliche, spontan ablaufende Sukzession ist zudem eine billige Variante der Landschaftsentwicklung (Schubert 1991). Umfangreiche Bodenmeliarationen, die den hier noch vorhandenen, nährstoffarmen Standort irreversibel verändern, wodurch viele ökologische Strukturen hoher Wertigkeit verloren gehen, werden dadurch überflüssig (Brämer 1994).

Für die sukzessive Waldentwicklung ist vor allem das Umland von naturnahen Waldbeständen prädestiniert, wie z.B. das Umfeld des Colbitzer Lindenwaldes. Eine Besiedelung der Fläche mit potentiell natürlichen Laubgehölzen, die ihren Ursprung teilweise im Lindenwald haben, ist bereits jetzt zu erkennen. Da auch die Calluna-Bestände hier sehr kleinflächig und überaltert sind, bietet sich die Entwicklung einer Naturwaldzelle in diesem Gebiet an (Brämer 1994).

Im übrigen muß bei der genauen Festlegung der Sukzessions- wie aller anderen Flächen auf den zu erarbeiteten Pflege- und Entwicklungsplan verwiesen werden, in dessen Rahmen diese Festlegungen aufgrund der zeitlichen Abläufe allerdings zuerst zu treffen sind. Die Sukzessionsflächen sind perspektivisch den Schutzzonen I a und I b zuzuordnen.

- Weitere Laub- und Laubmischwaldtypen

An weiteren Laub- und Laubmischwaldtypen wurden vom IÖN (1992) gefunden:

Diese Laubwaldtypen entsprechen überwiegend der potentiell natürlichen Vegetation an ihren jeweiligen Standorten. Insbesondere die im Randbereich des Truppenübungsplatzes gelegenen Stieleichen-Hainbuchenwälder und Winterlinden-Eichen-Hainbuchenwälder besitzen neben ihrem ökologischen auch einen hohen touristischen und Bildungswert. Sie sollen deshalb den Schutzzonen I b und II a zugeordnet und für den gelenkten Ökotourismus erschlossen werden. Eine naturnahe ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung (Plenterbetrieb) ist anzustreben. Dazu gehört auch, daß im Süden des Naturparkes notwendige Wiederbewaldungsmaßnahmen das Entstehen dieser Waldtypen beschleunigen sollten. Eine nicht-standortgerechte Aufforstung mit Nadelgehölzen, aber auch mit Roteichen, wie sie in den letzten Jahren bereits begonnen wurde, hat in jedem Fall zu unterbleiben.

- Nadelholzwälder und -forsten

Dominierende Art ist die Kiefer (Pinus sylvestris), die neben ihrer Feinmischung in die genannten Waldtypen in Form von Neuanpflanzungen, von Monokulturen unterschiedlichen Alters und in lockeren Beständen mit Eichenunterwuchs vorkommt.

Letztgenannter Typ ist vor allem im Bereich der NSG "Paxförde", "Mahlpfuhler Fenn" und "Hottendorfer Mooswiese" anzutreffen.

Neben den Kiefern - existieren inzwischen umfängliche Lärchen- und in begrenztem Umfang Fichtenforsten.

Die nachträgliche Umwandlung dieser Forsten ist weder ratsam noch finanzierbar. Allerdings muß - wie bereits mehrfach betont - unbedingt darauf geachtet werden, daß dieser Typ der Flächennutzung nicht weiter ausgedehnt wird. Unter diesen Bedingungen können auch derartige Forsten durchaus zur Bereicherung des Landschaftsbildes beitragen, zudem an vielen Standorten eine baldige spontane Durchmischung mit Laubgehölzen zu erwarten ist. Dieser sollte nur in Ausnahmefällen entgegengewirkt werden.

Vor allem jüngere Nadelholzwälder und forsten sollen überwiegend den Schutzzonen II a, II b und III a zugeordnet werden. Kleinere Bereiche liegen allerdings auch in der Zone I b, z.B. im NSG "Jävenitzer Moor".

4.2.2. Trocken- und Magerbiotope

Ökosysteme von Trockenstandorten sind im gemäßigten Klima Mitteleuropas schon von Natur aus selten und wurden durch Intensivierungsmaßnahmen in der Kulturlandschaft weiter zurückgedrängt. Auf den übersandeten Freiflächen des bisherigen Truppenübungsplatzes haben Trocken- und Magerbiotope wie

allerdings gute Entwicklungsmöglichkeiten. Der hohe Naturschutzwert dieser Strukturen ergibt sich vor allem daraus, daß die hier lebenden Pflanzen und Tiere bestimmte Anpassungsstrategien an dem Extremstandort entwickelt haben und außerhalb dieses Ökosystems nicht existieren können (Kaule 1991). Von Bedeutung ist dabei die Großflächigkeit der Offenlandschaft, wodurch ein Ausgleich des Extremcharakters durch angrenzende Waldbestände verhindert wird und auf das Heideökosystem störend wirkende Randeffekte (z.B. Nährstoffeintrag durch Laub, Beschattung) vermieden werden.

Das Landschaftsprogramm schlägt bezüglich der Erhaltung und Pflege der genannten Biotope folgendes vor:

"Durch bodenschonende Bewirtschaftung sollen vor allem die Dünenstandorte und waldbestandenen Flugsandfelder vor der Bodenzerstörung bewahrt bleiben. ... In Teilbereichen der Colbitz-Letzlinger Heide müssen offene Heideflächen vorherrschen, um eine stabile Birkhuhnpopulation zu gewährleisten. Die nicht mehr durch Militärfahrzeuge erfolgende Offenhaltung ist durch Managementmaßnahmen (Schafbeweidung, Plaggen, Mahd, Entbuschen) zu ersetzen."

Trocken- und Magerbiotope befinden sich vor allem und überwiegend im Bereich des NSG "Colbitz-Letzlinger Heide", aber auch in kleineren Flächen in den NSG "Dolle", "Planken-Osterstege", "Benitz" und "Paxförde".

Im folgenden soll auf die einzelnen Formen von Trocken- und Magerbiotopen sowie auf notwendige Maßnahmen zu ihrer Pflege und Erhaltung eingegangenen werden:

- Offene Binnendünen

Die auf den Freiflächen des Truppenübungsplatzes vorhandenen und mit einer spezifischen Pioniervegetation (Silbergrasflur) ausgestatteten Dünenbildungen besitzen eine besondere Naturschutzrelevanz. Diese für Urstromtäler typischen Oberflächenformen wurden dort im Zuge von Maßnahmen des Flußausbaus bzw. durch Aufforstung größtenteils zerstört. Offene Binnendünen, die maximal zu 50 % mit Kiefern- oder Birkenjungwuchs bedeckt sind, haben in Sachsen-Anhalt den Status eines geschätzten Biotops. Das Vorkommen dieses Biotops beschränkt sich hauptsächlich auf den Norden des bisherigen Übungsgeländes und ist im Süden nur andeutungsweise ausgeprägt.

- Trockenrasen

Auf den durch militärischen Übungsbetrieb entstandenen übersandeten Rohböden treten als Erstbesiedler Sandtrockenrasen und Sandpionierfluren auf, die mit der Vegetation der Binnendünen weitgehend identisch sind (insbesondere Silbergrasfluren) und wie diese geschätzte Biotope darstellen. Mit artenarmen, lückigen Beständen bilden sie auf den Panzertrassen nach Wegfall des Befahrens das primäre Sukzessionsstadium und durchdringen mosaikartig die Calluna-Bestände (Brämer 1994).

- Zwergstrauchheiden

Dieser Biotoptyp nimmt mit seinen Initial- Abbau- und Verbuschungsstadien einen großen Teil der Kernfläche ein. Im Gebiet des NSG "Colbitz-Letzlinger Heide" dominiert die durch Calluna vulgaris geprägte Calluna-Heide. An ihre Stelle tritt auf reicheren Böden mit anstehendem Geschiebemergel vor allem westlich von Letzlingen die Besenginster-Heide.

- Erhaltungsmaßnahmen für Trockenbiotope

Mit der Nutzungsaufgabe bzw. -umstellung im Bereich der Offenlandschaft ist der Schwund naturschutzrelevanter Strukturen und, gefährdeter Arten verbunden. Eine Erhaltung der Artenzusammensetzung ist nur durch Imitation der Nutzung möglich, die der natürlichen Sukzession (Verbuschung) entgegenwirkt.

Um eine bessere Lebens- und Funktionsfähigkeit der Heidebestände zu erreichen und die Pflegemöglichkeiten effektiv zu verbessern, sollten vorrangig große, zusammenhängende Flächen erhalten bzw. entwickelt werden (Brämer 1994). Dabei ist unter populationsökologischem Aspekt die Mindestarealgröße bedrohter Tierarten mit Anpassung an dieses Ökosystem zu berücksichtigen (Eschner 1992). So braucht das

Rebhuhn ca. 1 km² Offenlandschaft als Lebensraum, bei der Heidelerche sind es 8 - 10 ha jeweils bezogen auf ein Paar). Für die 60 Schmetterlingsarten, die an Calluna vulgaris als Wirtspflanze angepaßt sind, ist nach Heydemann (1982) eine Minimalgröße der Heideflächen von 100 - 200 ha erforderlich. Das Areal einer lebensfähigen Birkhuhnpopulation, die ebenfalls an offene bzw. leicht verbuschte Gebiete angepaßt ist, wird auf 1000 - 2000 ha geschätzt. Spezifische Pflegemaßnahmen zum Erhalt der Heidekraut-Bestände wurden von Brämer (1 994) beurteilt:

a) Abbrennen

Ein kleinflächiger, mosaikartiger Wechsel verschiedener Entwicklungsphasen der Heide kann vor allem durch gezieltes Abbrennen erreicht werden, wodurch entsprechend des 1. Bicoenotischen Grundgesetzes die Diversität vorkommender Tierarten erhöht wird.

Nach einmaligem Abbrennen des Heidekrautes kommt es durch Austrieb des Wurzelhalses und Erhöhung der Keimrate zum starken Anwachsen der Phytomasse (Dierssen 1990). Voraussetzung ist allerdings, daß durch schnell weiterlaufende Obeflächenbrände eine ungünstige Beeinflussung der oberen Bodenhorizonte und der ausschlagfähigen Pflanzenteile verhindert wird. (Muhle und Röhrig 1979). Die Brandtemperatur sollte 340-440 Grad Celsius nicht überschreiten. Brände in zu alter Heide verursachen aufgrund des erhöhten Holzanteils meist höhere Temperaturen mit letaler Wirkung auf die Besenheide und sind deshalb zu vermeiden. Die besten Regenerationsergebnisse wurden beim Abbrennen 6- bis 10-jähriger Bestände erreicht (Muhle und Röhrig 1979). Um die Tierwelt zu schonen, ist ein Abbrennen im Februar/März am günstigsten. Ein strenges Überwachen zum Schutz naher Wälder ist hier erforderlich.

Außerdem kann durch diese Maßnahme dem Absinken des pH-Wertes in den für Calluna vulgaris toxischen Bereich, der nach Konradt (1985) bei einem Wert < 3 erreicht wird, begegnet werden.

Diese Maßnahme wurde bereits in der Heidebauernwirtschaft zur Verjüngung der Heide und zur Erhöhung der Blühfähigkeit angewendet.

b) Mähen

Das Abmähen des Heidekrautes stellt gegenüber Plaggenhieb und Abbrennen einen geringeren Eingriff ins Ökosystem dar. Es ist billiger bzw. einfacher durchzufahren (witterungsunabhängig ohne Gefährdung der angrenzenden Wälder). Teilweise werden die Kosten durch den Verkauf des Mähgutes ausgeglichen.

Die Beeinträchtigung der Tierwelt ist relativ gering, wenn die Arbeiten im zeitigen Frühjahr durchgeführt werden. Außerdem kann sich das Heidekraut dann während der Vegetationsperiode gut erholen.

Nach Fessler (1988) sollte der Rückschnitt bis Mitte März erfolgen, um eine ausreichende Knospenbildung zu garantieren.

Mit der Mahd werden gleichzeitig stark verbuschte Flächen entkusselt. Ein Häcksler mit Metalldetektor hat sich für diese Maßnahme bewährt (Riem und Diemont 1985). Spätestens nach 4 bis 24 Jahren ist eine Regeneration der Bestände zu erwarten. Danach muß erneut gemäht werden. Wird dies alle 5 - 8 Jahre getan, regeneriert sich die Heide am besten (Muhle und Röhrig 1979).

Ein flächendifferenziertes Mähen in Anpassung an das natürliche Mosaik unterschiedlicher Altersphasen von Calluna vulgaris ist für eine hohe ökologische Wertigkeit der Bestände von Bedeutung.

Durch Ausfuhr der organischen Substanz in Form des Mähgutes wird einer Vergrasung der Flächen entgegengewirkt.

c) Plaggen

Die wirksamste Maßnahme gegen eine Erhöhung des Nährstoffangebotes im Heidedeökosystem, welche mit einer zunehmenden Verdrängung des Heidekrautes durch Gräser einhergeht, stellt das Entfernen der Streuschicht bis auf den A-Horizont dar (Plaggen). Obwohl diese ursprüngliche Nutzungsform von Muhle und Röhrig (1979) vorwiegend aus Kostengründen abgelehnt wurde, ist die Methode heute relativ billig (ca. 3000,- DM/ha) mittels Fräse bzw. Vertikalfräse durchzufahren (Riem und Diemont 1985). Eine Restauration bereits vergraster Heideflächen wird dadurch möglich. Die Keimfähigkeit von Calluna vulgaris erhöht sich nach Entfernen der Streuschicht um ein Vielfaches (Riem und Diemont 1985). Die gewonnene Streu kann kompostiert werden und findet im Garten- und Pflanzenbau ein weites Absatzgebiet. Der Vorgang ist ungefähr alle 30 bis 50 Jahre zu wiederholen. Inzwischen wird zeitweise beweidet, gemäht oder abgebrannt.

d) Beweidung

Die Beweidung mit Heidschnucken erwies sich in der Lüneburger Heide als die bedeutendste flächendeckende Pflegemethode. Neben dem Verzicht auf Technik hat diese Methode auch den Vorteil einer landschaftsästethischen Wirkung. Schafe können gegenüber anderen Weidetieren fein selektierend fressen und scharf abkneifen (Woike 1 992).

Bei intensiver, regelmäßiger Beweidung werden vor allem Gräser und Gehölze verbissen und geschlossene Heidebestände gefördert (Ellenberg 1952). Durch den Tritt der Tiere wird die Rohhumusdecke zerstört und die Keimrate von Calluna vulgaris erhöht, gleichzeitig aber auch die Verbreitung der Birke in den Beständen gefördert (Woike 1992). Um eine Schädigung des Heidekrautes durch den Tritt der Schafe zu verhindern, empfiehlt Woike (1992), eine Besatzdichte von 2 Schafen je ha nicht zu überschreiten. Eine Überalterung der Heide, Gehölzanflug und Vergrasung können allerdings wirksam nur in Kombination mit anderen, bereits beschriebenen Maßnahmen verhindert werden (Muhle und Röhrig 1979).

Alle genannten Maßnahmen tragen zur Verjüngung des Heidekrautes bei. Gleichzeitig wird die Gefahr eines Schaderregerbefalls durch parasitäre Pilze (Phytophthora cinnamomi und Ceuthospora lauri) bzw. durch den Schwächeparasiten Lochmaea suturalis (Heidekäfer), die das Absterben der Heide beschleunigen (Konradt 1985), verringert.

Um eine floristische und strukturelle Vielfalt der Heideflächen (mosaikartig wechselnde Altersstruktur) zu erreichen, empfehlen Dierssen (1990) und Knauer (1981), die Pflegeeingriffe allmählich und kleinflächig durchzufahren. Zum Schutz vor äußeren Störungen ist die Anlage von Pufferzonen zweckmäßig.

Ein allgemein hoher Zeit- und Kostenaufwand muß bei der Ausführung dieser Maßnahmen einkalkuliert werden. Jedoch bringt die Erhaltung der Heideflächen durch Schaffung von Arbeitsplätzen (Pflegehöfe, Schäfer, Beerntung und Kompostierung von Biomasse) und Förderung des Tourismus auch wirtschaftliche Vorteile für die Region.

4.2.3. Feuchtbiotope und Gewässer

Zu den vorhandenen Feuchtbiotopen führt das bereits zitierte Landschaftsprogramm folgendes aus: "Die herausragende Bedeutung der Landschaft der Altmarkheiden soll weiterhin wesentlich durch die Häufigkeit des Vorkommens und den Charakter der Moore bestimmt werden. ... Bei allen noch vorhandenen Moorflächen ist über eine Erhöhung des Grundwasserstandes bzw. Regulierung des Wasserregimes eine langfristige natürliche Renaturierung einzuleiten. ... In den wald- und gewässerreichen Landschaftsteilen sollen Kranich (Grus grus) und Schwarzstorch (Ciconia nigra) und weitere heute gefährdete Organismenarten bessere Lebensmöglichkeiten vorfinden als gegenwärtig. ...

Die landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen sind durch überwiegend extensive Bewirtschaftung insbesondere der feuchten Standorte in wertvolle Lebensräume z.B. für alle Wiesenbrüter umzuwandeln."

Die Kernzone des auszuweisenden Naturparkes (bisheriger Truppenübungsplatz) ist aufgrund seiner geologischen Besonderheiten ein an Oberflächengewässern armes Gebiet - darin liegt auch seine herausragende Rolle für die Grundwasserneubildung begründet. Hingegen sind die peripheren Bereiche durch eine Vielzahl von Fließgewässern, Feuchtgebieten und Teichen geprägt. Im folgenden soll ein Überblick über die vorhandenen Feuchtbiotope sowie die zu. ihrer Renaturierung und zu ihrem Schutz notwendigen Maßnahmen gegeben werden:

a) Sölle

Knapp 30 dieser kleinflächigen eiszeitlichen Strukturen wurden im Bereich des auszuweisenden Naturparkes aufgefunden. Sie zeigen entweder dauernde (z.B. Lüberitzer Soll, Kohl-Soll, Sölle bei Dolle) oder temporäre (z.B. Großer Tonnenborn, Krickenten-Soll, Sibow-Soll) Wasserführung, wobei das Versiegen mehrerer Sölle im Bereich der Wasserfassungen des Wasserwerkes Colbitz mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Absenkung des Grundwasserspiegels zurückzuführen ist.

Die bisher untersuchten Sölle weisen eine im Vergleich mit Kleingewässern anderer Gebiete hohe Wasserqualität, d.h. eine geringe Trophie und geringe ionische Belastung auf (Lüderitz et al., in Vorbereitung). Das IÖN weist in seiner o.g. Studie darauf hin, daß die Sölle eine wichtige Rolle für Fauna und Flora insbesondere in den wasserarmen Bereichen der Colbitz-Letzlinger Heide spielen. Unter anderem wurden wertvolle Pflanzengesellschaften gefunden.

Angesichts der Rolle von Kleingewässern in trockenen Gebieten ("Oasen") sollten die Sölle im allgemeinen für den Besucherverkehr nicht erschlossen werden. Eine Ausnahme kann das Lüberitzer Soll aufgrund seiner Lage und seiner Bekanntheit bilden, an dessen Peripherie die Anlage eines Naturlehrpfades wünschenswert ist.

In den letzten Jahren wurden mehrere Sölle mit schwerer Technik ganz oder teilweise ausgeschoben. Künftig müssen im Vorfeld von Entschlammungsmaßnahmen eine genaue Abwägung und Absprachen mit Fachwissenschaftlern erfolgen, um diese Arbeiten schonend und unter Verzicht auf schwere Technik durchfuhren zu können.

b) Fließgewässer und angrenzende Feuchtgebiete

Die Fließgewässer mit ihren Ufer- und Überschwemmungsbereichen stellen die wichtigsten Träger für Biotopverbundstrukturen dar. Das ist begründet in ihrer hohen Verbreitung, starken Verästelung und ihrer Möglichkeit, ausgehend von noch naturnahen Gewässerstrecken mit vorhandenen Restpopulationen als Wiederausbreitungszentren bedrohter Pflanzen- und Tierarten zu wirken (Löffler 1993). Da eben dem Naturpark "Colbitz-Letzlinger Heide" eine wichtige Rolle im Biotopverbundsystem über das Land Sachsen-Anhalt hinaus zukommen soll, müssen Fließgewässersysteme bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllen, die von Löffler (1994) zusammengefaßt wurden und hier als Ziel und Maßstab für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen gelten können:

Im Gebiet des auszuweisenden Naturparkes sind vor allem folgende Fließgewässersysteme aufzuführen und wie folgt einzuschätzen:

* Uchte-, Tangerquellen im Bereich des gleichnamigen LSG; die Gewässer besitzen im Oberlauf einen sehr naturnahen Charakter und eine hohe Wasserqualität, die Tangerquellen bei Brunkau sind als NSG zu sichern.

* Tanger und Dollgraben besitzen im Oberlauf eine sehr gute Wasserqualität, die jedoch durch kommunalen und landwirtschaftlichen Einfluß zur Mündung hin abnimmt, ohne daß die Belastung aber hohe bzw. kritische Werte erreicht. Der ökomorphologische Zustand der Gewässer wechselt auf der Fließstrecke stark, zum Teil wurde die Sohle sehr tief gelegt (Dollgraben). Begradigungen und annähernd trapezförmiger Ausbau dominieren auf weiten Strecken, allerdings ist der Ausbau mit technischen Hilfsmitteln als gering einzuschätzen. Gewässerschonstreifen fehlen über weite Strecken und sind neu anzulegen. Als vorrangig wird die Renaturierung des Tanger im Bereich des Süppling angesehen, für die gegenwärtig die Vorbereitungen getroffen werden (Lüderitz et al., in Vorbereitung). Der Süppling ist in diesem Zusammenhang als NSG auszuweisen.

* Der Oberlauf der westlich von Letzlingen entspringenden Milde kann als naturnah eingeschätzt werden; submerse, emerse und Schwimmblattpflanzen in hoher Artenzahl kennzeichnen den Gewässerbiotop ebenso wie eine geringe organische und trophische Belastung (Güteklasse I - II). An einigen Steilen sind Staubauwerke durch Sohlgleiten zu ersetzen, um die ökologische Durchgängigkeit zu gewährleisten. Eine flächendeckende Extensivierung der Grünlandnutzung ist durchzusetzen.

* Der teilweise im NSG "Klüdener Pax - Wanneweh" gelegene Bachlauf Wanneweh wird von zahlreichen Quellzonen, zahlreichen kleinflächigen, reichstrukturierten Grünlandflächen und grundwassernahen Laubmischwaldkomplexen geprägt und verdient deshalb besonderen Schutz (Ausdehnung der Schutzzone I a).

* Gegenwärtig hochgradig mit Abwasser belastet ist der Hägebach im Bereich Colbitz/Lindhorst. Voraussetzung für eine Renaturierung des Bachlaufes ist die durchgreifende Lösung der örtlichen Abwasserprobleme.

c) Hoch- und Zwischenmoore

Hochmoorartige Strukturen sind in den NSG "Dolle", "Jävenitzer Moor", "Hottendorfer Mooswiese" und "Mahlpfuhier Fenn" anzutreffen. Während aber im NSG "Dolle" nur kleinfllächige vermoorte Standorte vorkommen, werden die drei anderen Gebiete von Großflächigen Mooren dominiert. In der Vergangenheit unterschiedlichen Nutzungen Unterworfen (Torfstich, Weidebetrieb, forstliche Monokulturen auf entwässerten Standorten), sind in den letzten Jahren aber bereits Maßnahmen zur Renaturierung durch Wiedervernässung durchgeführt worden. Allerdings ist vor allem das Jävenitzer Moor als Grundwasseraufschluß der im Nord-Westteil der CLH versickernden Niederschläge (Durchströmungsmoor) nur in seinem Kernbereich gesichert, die anderen Teile sind nach wie vor den tiefen Entwässerungsgräben durchzogen, welche auch jährlich geräumt und damit in ihrer intensiven Entwässerungsfunktion erhalten werden. Ähnliches trifft in eingeschränktem Maße auch für das Mahlpfuhler Fenn und die Hottendorfer Mooswiese zu, deren Entwässerungsgräben ohne größeren Aufwand schrittweise angehoben werden können und sollen. Auf die Mehrzahl der Gräben im Gebiet des Jävenitzer Moores kann ganz verzichtet werden. Durch das Zuschütten der Gräben ist mittelfristig die durch Hochmoorvegetation (Torfmoos. Wollgras, Sumpfporst, Sonnentau) geprägte Fläche auf das Dreifache zu erhöhen.

Die Zwischen- und Hochmoore sind ausnahmslos den Schutzzonen l a und I b zuzuordnen, ihre touristische Erschließung soll allenfalls in den Randbereichen möglich sein.

d) Standgewässer künstlichen Ursprungs

Derartige Gewässer sind im Gebiet des künftigen Naturparkes nur mit geringer Zahl und Fläche vertreten. Dazu gehören insbesondere

* das Kiesrestloch im NSG "Benitz"

* das Schwarze Pfuhl bei Gardelegen

* die Teiche in der Milde-Niederung bei Letzlingen

* die Zehn-Morgen-Teiche bei Lüderitz (stark verlandet).

Nach bisher vorliegenden Ergebnissen (Lüderitz et al., in Vorbereitung) sind die Gewässer trophisch und ionisch relativ gering belastet und für Naturschutzaufgaben von großer Bedeutung. Ihre differenziere Einbindung in die Bildungs- und Tourismusaufgaben des Naturparkes ist im Rahmen des Pflege- und Entwicklungsplanes festzulegen.

 

5. Einfluß von Maßnahmen. der Munitionsberäumung und Dekontamination auf die Naturparkentwicklung

Auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes können Maßnahmen des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der touristischen Erschließung erheblich durch die von jahrzehntelangem militärischem Mißbrauch hervorgebrachten Altlasten behindert werden. Diese Behinderung darf nicht unter-, aber auch nicht überschätzt werden. Für letztere Auffassung sprechen vor allem zwei Gründe: Zum einen sind die mit militärischen Altlasten kontaminierten Gebiete inzwischen weitgehend erkundet worden, mit Munitionsberäumung und Dekontamination. wurde begonnen. Es erwies sich dabei, daß der überwiegende Teil von gefährlichen Belastungen in bestimmten Gebieten konzentriert ist und weite Bereiche als nur schwach belastet einzustufen sind.

Zum zweiten ist darauf zu verweisen, daß die Nutzung der Kernzone vorrangig für den Naturschutz eine oberflächennahe Beräumung auf den meisten Flächen als ausreichend erscheinen läßt. Vorrangig sind die Territorien zu prüfen und zu beräumen, auf denen forstwirtschaftliche und landschaftspflegerische Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Auf den Sukzessionsflächen erscheint eine Beräumung der Oberfläche als ausreichend, wofür auch rein praktische Gründe sprechen: Weitergehende Sanierungsmaßnahmen müßten die bereits erfolgte natürliche Wiederbewaldung zurücknehmen, was weder ökologisch wünschenswert noch technisch oder finanziell machbar ist.

Maßnahmen der Beräumung und Sanierung sind sowohl bei der Festlegung der Schutzzonen wie auch des Pflege- und Entwicklungsplanes zu berücksichtigen.

 

6. Touristische Nutzung des Naturparks

6.1. Prämissen

Heidegebiete sind für Naherholung und Fremdenverkehr attraktiv, wie nicht zuletzt die jahrzehntelange touristische Nutzung der westlich benachbarten Lüneburger Heide zeigt. Eine solche Attraktivität ist potentiell auch für die Colbitz-Letzlinger Heide gegeben. Die Entwicklung des Tourismus im Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide muß unter strikter Berücksichtigung der Erfordernisse von Naturschutz und Landschaftspflege erfolgen. Angesichts des nach der Wende auch in der Colbitz-Letzlinger Heide und den angrenzenden Gebieten eingetretenen wirtschaftlichen Strukturbruches muß die touristische Ausgestaltung der Region nicht nur umweltschonend, sondern zugleich in besonderem Maße sozialverträglich durchgeführt werden, so daß sie einen dauerhaften Einkommensbeitrag für die ortsansässige Bevölkerung bewirkt.

Somit bedarf die Colbitz-Letzlinger Heide einer vorsorgenden und nachhaltigen touristischen Entwicklung.

Dies hat tiefgreifende Konsequenzen - sowohl für die Art als auch für die Lokalisierung des künftig im Naturpark und in den benachbarten Gebieten aufzubauenden touristischen Angebots.

6.2. Die gegenwärtige wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus in der Colbitz-Letzlinger Heide

Obwohl eine entsprechende Statistik nicht existiert, ist bereits dem bloßen Augenschein nach auf eine beträchtliche Besucherzahl in der Region zu schließen, insbesondere in der Zeit zwischen Ginster- und Heideblüte. Die weitaus überwiegende Zahl der Gäste sind Tagesbesucher.

Die heutige wirtschaftliche Bedeutung von Naherholung und Fremdenverkehr in der Colbitz-Letzlinger Heide ist dennoch gering. Zwar liegen auch darüber keine exakten Zahlen vor, da die Colbitz-Letzlinger Heide in den vom Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt in Auftrag gegebenen Strukturgutachten und Grundlagenuntersuchungen (die primär an den Territorien der regionalen Fremdenverkehrsverbände orientiert waren) nicht als Ganzes behandelt worden ist. Während ihr südlicher Teil (Altkreise Haldensleben und Wolmirstedt) im Strukturgutachten für die Region Elbe-Börde-Heide (DWIF 1993) berührt wurde, fand der nördliche Teil (Altkreise Gardelegen und Stendal) in der Studie "Altmark 2000" Berücksichtigung. Abgesehen von dieser unglücklichen Teilung spielt die Colbitz-Letzlinger Heide in beiden Untersuchungen nicht die dieser Region gebührende Rolle.

Somit sind nur indirekte Abschätzungen der wirtschaftlichen Effekte möglich.

In der "Zusammenführung der fünf touristischen Regionalgutachten ..." (DWIF 1994) wird der relative Beitrag des Tourismus zum Volkseinkommen für die Altmark mit 2 % und für das Verbandsgebiet Elbe-Börde-Heide Mit 4 % angegeben. Der letztgenannte Wert wird jedoch entscheidend geprägt durch die Landeshauptstadt Magdeburg, wo sich über die Hälfte der gewerblichen Beherbergungskapazitäten dieses Gebietes befindet (DWIF 1993). Somit ist für den übrigen Teil der Region der Beitrag zum Volkseinkommen erheblich niedriger anzusetzen, vermutlich etwa in der gleichen Größe wie für die Altmark. Nahrstedt und Vodde geben für die Altmark den Beitrag des Fremdenverkehrs zum Bruttosozialprodukt sogar mit unter 1 % an (was einem Anteil am Volkseinkommen von maximal 1 - 1,5 % entspräche (Nahrstedt und Vodde 1993).

Damit sind die für diese Regionen angegebenen Werte nur etwa halb so hoch wie im Landesdurchschnitt Sachsen-Anhalts (4 %). Für die Colbitz-Letzlinger Heide könnte der Anteil des Tourismus am Volkseinkommen unter Abwägung aller Umstände gegenwärtig bei 2 - 3 % liegen, vermutlich aber noch deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Diese Vermutung resultiert aus erheblichen Angebotslücken und der damit vergleichsweise geringen Möglichkeit für den Besucher, in der Colbitz-Letzlinger Heide sein Geld auszugeben. Entsprechend gering ist die gegenwärtige Beschäftigungswirkung des Tourismus zu veranschlagen.

6.3. Die touristischen Potentiale der Colbitz-Letzlinger Heide

"Wer an die Heide denkt, denkt an sanfte Hügel, überzogen von leuchtend-violettem Heidekraut, Heidschnucken und sandigweiche Wanderwege", heißt es zurecht in einem Urlaubsmagazin der Lüneburger Heide (Anonym 1994). Mit dem Begriff "Heidelandschaft" assoziiert der Besucher eine vielgestaltige Kulturlandschaft, in der das typische Heidekraut, Wachholderbüsche, sandige Flächen, Bachläufe, Moore und Wälder die landschaftsprägenden Elemente darstellen.

Nicht selten wird versucht, diese Eigenschaften werblich für die Lüneburger Heide zu monopolisieren ("... die in ihrer Art im deutschen Raum einzig und allein in der Lüneburger Heide zu finden ist" (Anonym 1994). Jedoch ist eine Landschaft vergleichbarer Schönheit und Vielfalt auch in einigen anderen deutschen Heidegebieten, darunter in besonderem Maße in der Colbitz-Letzlinger Heide zu finden. Im Vergleich zur Lüneburger Heide ist hier diese Landschaft streckenweise sogar in einem wesentlich urwüchsiger anmutendem Zustand zu bewundern (siehe Abschnitt 4).

Zur touristischen Attraktivität des Gebietes stellen Nahrstedt und Vodde fest: "Die Colbitz-Letzlinger Heide ist in ihren Ausmaßen für die Bundesrepublik ein einzigartiges Heide bzw. Waldgebiet. Sie sollte unbedingt einer zivilen Nutzung zugeführt werden, da hier große touristische Potentiale liegen... Für die Gesunderhaltung der Menschen in den umliegenden Ballungszentren wie Berlin, Magdeburg und Hannover ist die Colbitz-Letzlinger Heide überlegenswichtig. Die touristischen Potentiale müssen allerdings erst noch aufbereitet werden" (Nahrstedt und Vodde 1993).

Diese touristischen Potentiale sind - über die heidetypische Natur und Landschaft hinaus (zumindest im Ansatz) durchaus vielfältig. Dazu zählen u.a.

Doch in kaum einer anderen fremdenverkehrsträchtigen deutschen Region (mit Ausnahme der Alpen) hat die Eigenart des Naturpotentials eine solch dominierende Bedeutung als touristischer Angebotsfaktor wie in der Colbitz-Letzlinger Heide. Alle genannten sonstigen Potentiale wären für sich genommen - weder einzeln noch zusammen - auch nur im entferntesten als Grundlage touristischer Entwicklung tragfähig. Sie können nur ergänzende, komplementäre Angebotskomponenten zur Heidelandschaft darstellen.

6.4. Grundlegende Wechselwirkungen zwischen Naturschutz, Landschaftspflege und Tourismus im Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide

Die Tatsache, daß die entscheidenden touristischen Potentiale der Colbitz-Letzlinger Heide in den Gegebenheiten von Natur und Landschaft zu finden sind, führt zunächst zu folgenden (hier keineswegs vollständig aufgeführten) Wechselwirkungen von Naturschutz, Landschaftspflege und Tourismus im Naturpark:

Im Unterschied dazu hätte die Colbitz-Letzlinger Heide die Chance, in wenigen Jahren begründet und somit glaubhaft "Natur pur" anzupreisen. Angesichts des ausgeprägten Wunsches nach intakter Natur in Urlaub und Freizeit in der deutschen Bevölkerung einerseits und des fortschreitenden Naturverbrauchs in vielen Erholungsgebieten darunter auch in Naturparken - andererseits wird dieses Argument im Kampf um den Urlaubsgast auf dem Tourismusmarkt mit Sicherheit weiter an Bedeutung gewinnen. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann eine sinnvolle touristische Entwicklung im Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide nur im engsten Zusammenwirken mit Naturschutz und Landschaftspflege erfolgen.

6.5. Entwicklungsrichtungen des Tourismus im Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide

Die vorstehend aufgeführten Potentiale lassen den Schluß zu, daß bei ihrer vorsorgenden Entwicklung und auf Nachhaltigkeit gerichteten Nutzung der Tourismus im Naturpark und in den angrenzenden Gebieten mittelfristig einen Wirtschaftsfaktor von erheblicher größerer Bedeutung verkörpern kann, als dies heute der Fall ist.

Seiner Art nach kann es sich dabei nur um einen Tourismus handeln, der aktive, aber zugleich schonende Formen der Naturaneignung zum Inhalt hat. Nicht die schöne Natur lediglich als Kulisse für Betätigungen, die auch andernorts möglich wären (wie Golf, Mountainbiking u.a.), sondern die auf das Erleben dieser besonderen Landschaft und ihrer Bewohner selbst gerichteten Tätigkeiten sollen dem Besucher angeboten werden. Hierbei sind - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - in erster Annäherung solche Angebote zu nehmen wie:

6.5.1 Die Heide umweltschonend erleben

Voraussetzungen für diese Angebote sind insbesondere

* ein differenziertes Netz von Wegen, die in ihrer Art, Länge und Streckenführung zur Durchführung der betreffenden Tätigkeit geeignet sind;

* eine angemessene infrastruktureile Ausstattung der Wege mit Schildern, Bänken, Schutzhütten und Aussichtspunkten;

* die Einrichtung eines thematisch vielschichtigen Netzes interessant gestalteter Lehrpfade, die eine Heidewanderung zu einem wirklichen Erlebnis werden lassen;

* die gute Erreichbarkeit möglicher Ausgangs- und Endpunkte, möglichst auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder andere umweltverträgliche Zubringerdienste incl. Parkmöglichkeiten;

* ein optimiertes und (insbesondere für Zeiten dichter Touristenströme) flexibel gestaltetbares Besuchermanagement mit einer ansprechenden Besucherinformation, die ihrem Namen gerecht wird und nicht nur aus Verboten besteht.

6.5.2. Handwerkliche und künstlerische Aneignung der Heide, z.B. in Gestalt von Kreativangeboten

wie

Die Voraussetzungen für solche Betätigungen sind personeller und räumlicher Art. Einerseits müssen Personen vorhanden sein, weiche nicht nur die entsprechenden Kenntnisse besitzen und die Techniken beherrschen, sondern diese auch vermitteln können und wollen. Ein Weg dazu wäre die gezielte (Wieder-)Ansiedlung von Handwerkern und Künstlern in den Heideorten, wie dies in einigen anderen Heidegebieten bereits gelungen ist.

Die räumlichen Voraussetzungen - sofern geeignete Werkstätten und Ateliers von Handwerkern und Künstlern nicht vorhanden sind bzw. nicht ausreichen - sollten insbesondere in Gaststätten und größeren Beherbergungseinrichtungen geschaffen werden. An Konzentrationspunkten der touristischen Nachfrage sollte zu gegebener Zeit auch über die Errichtung eines "Hauses des Gastes" nachgedacht werden. Letzteres wäre in einigen Heideorten durch die Umnutzung vorhandener Bausubstanz möglich.

6.5.3. Angebote zur Vermittlung von Umweltbildung und -erfahrung

Bei diesen Angeboten sollten Bildungselemente und praktisches Tun der Teilnehmer Hand in Hand gehen. Als touristische Produkte erfreuen sich solche Kurse zunehmender Resonanz, auch als geeignete Programme für einen Bildungsurlaub. Die Voraussetzungen dafür sind analog jener für die handwerklichen und künstlerischen Angebote.

Ergänzt werden Angebote wie die genannten durch die kulturellen und kulturgeschichtlichen Potentiale der Umgebung (siehe oben). Während sich derartige Potentiale z.B. in der Lüneburger Heide innerhalb des touristisch als "Heide" vermarkteten Gebietes befinden, liegen diese bei der Colbitz-Letzlinger Heide um das Heidegebiet herum, insbesondere in den Städten Magdeburg, Gardelegen, Haldensleben, Salzwedel, Stendal, Tangermünde und Wolmirstedt sowie generell an der Nordschleife der Straße der Romanik. Dies ist jedoch für den Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide kein Wettbewerbsnachteil - richtige Vermarktung vorausgesetzt -, da die zumeist relativ geringen Entfernungen vom Heiderand zu diesen Orten für den mobilen Touristen der Gegenwart kein Hindernis darstellen.

Bei der Angebotsentwicklung für die Colbitz-Letzlinger Heide sind nicht nur die Erfordernisse des Naturschutzes zu berücksichtigen, vielmehr sollte dabei jeweils ein deutlicher Regionalbezug gegeben sein. Nur so kann der Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide im touristischen Wettbewerb der Heidelandschaften einerseits und der fast 100 deutschen Naturparke andererseits ein eigenständiges Gesicht ausprägen und für den potentiellen Touristen überhaupt erkennbar und wiedererkennbar werden. Dieser Regionalbezug darf sich natürlich nicht auf den Freizeitbereich beschränken, sondern muß ebenso Hotellerie, Gastronomie, Handel und tourismusnahe Dienstleistungen einbeziehen.

6.6. Zielgruppe und Aufenthaltsdauer von Touris4Len im Naturpark Colbitz- Letzlinger Heide

Heidelandschaften sind in erster Linie typische Ziele für Naherholer und Kurzurlauber. Traditionelle Urlaubsregionen tragen dem durch eine entsprechende Angebotsgestaltung Rechnung. So sprechen von mehr als 200 Pauschalangeboten in der Lüneburger Heide weit über 90 % entweder den Tagestouristen oder den Kurzurlauber (mit 1 - 7 Übernachtungen) an (Anonym).

Für die Colbitz-Letzlinger Heide ist die gegenwärtige Dominanz des Tagesausflugsverkehrs auch ohne entsprechende statistische Untersuchungen anhand der Pkw-Ströme an den Wochenende, insbesondere im Somrnerhalbjahr, offensichtlich. Angesichts seiner geographischen Lage muß auch künftig für den Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide mit einem sehr hohen Anteil an Naherholern gerechnet werden, insbesondere aus Magdeburg, auch aus den anderen die Heide umgebenden Städten. Selbst für evtl. Tagesbesucher aus Berlin und Braunschweig ist die Colbitz-Letzlinger Heide verkehrsgünstiger zu erreichen als andere geschlossene Heidegebiete vergleichbarer landschaftlicher Qualität.

Wie die Colbitz-Letzlinger Heide das Trinkwasserreservoir für 600.000 Einwohner darstellt, so bildet sie auch das potentielle Naherholungsgebiet für eine mindestens gleichgroße Zahl von Menschen. Dieser Tatsache muß bei allen Planungen für den Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide umfassend Rechnung getragen werden.

Hinsichtlich des übernachtenden Fremdenverkehrs sollte im Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide - analog zu anderen Heidegebieten - der Angebotsschwerpunkt auf Kurzurlaube, zunächst vor allem im Umfang von 2 - 5, später bis 7 Übernachtungen, gelegt werden.

Darüber hinaus ist es möglich und durchaus sinnvoll, einige Produkte für längere Urlaubsaufenthalte zu entwickeln. Jedoch darf nicht übersehen werden, daß die in der Colbitz-Letzlinger Heide gegebenen infrastruktureilen Gegebenheiten mittelfristig nur eine recht schmale Zielgruppe von Naturenthusiasten für einen längeren Urlaub interessieren kann.

Aufgrund der zur Zeit noch geringen Angebotsvielfalt in der Colbitz-Letzlinger Heide ist eine sozial oder demographisch spezifizierte Zielgruppenansprache nicht zu empfehlen. Angesprochen werden sollten vielmehr Naturliebhaber aller sozialen Schichten und Altersgruppen, etwa nach dem Motto: "Ob Kind oder Greis, ob mit Fahrrad, Trabi oder Benz - bei uns ist jeder willkommen, der die Heide liebt!"

 

7. Naturparkmanagement

7.1. Trägerschaft

Naturparke sollen, entsprechend dem Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, § 21, Abs. 3, einen Träger haben, der sie zweckentsprechend entwickelt und pflegt. Als Träger des Naturparkes Colbitz-Letzlinger Heide ist der Förderverein "Naturpark Colbitz-Letzlinger Heide" e.V. prädestiniert. Der Verein verfügt nicht nur über eine Vielzahl engagierter Mitglieder. Er hat sich mit dem wissenschaftlichen Beirat ein Instrument gegeben, welches sich im Auftrage des Vorstandes seit Beginn seines Bestehens um die Einrichtung des Naturparks bemüht.

Die Anstrengungen gehen dabei weit über die bloßen Bemühungen für die Errichtung des Naturparkes hinaus. So laufen u.a. bereits Vorarbeiten zur Erstellung entsprechender Konzepte für Schutz und Nutzung, Zonierung sowie Pflege und Entwicklung des Naturparkes. Zugleich engagiert sich der Verein bei der Organisation und Zusammenführung von Interessen und hält die Verbindung zu regionalen Entscheidungsträgern.

Die Mitglieder stammen überwiegend aus der Region und verfügen über ein breites Spektrum an fachlichen und örtlichen Kenntnissen und sind mit Lage, sozialer Struktur, Problemen und Erwartungen der Bevölkerung in der Colbitz-Letzlinger Heide vertraut. Ihre Zusammensetzung, ihr Wissen und eure Erfahrungen bieten zugleich die Gewähr, daß die Bewohner in alle Fragen der Entwicklung des Naturparks einbezogen und die dabei anstehenden Entscheidungen sachgerecht getroffen werden. Nur mit einer solchen fachlichen und sozialen Fundierung wird sich die Naturpark-Idee in der Colbitz-Letzlinger Heide durchsetzen und auf Dauer tragfähig sein.

7.2. Managementaufgaben

Das Management eines Naturparkes umfaßt einerseits praktische Arbeiten zur Umsetzung der Planungen und Konzepte zum Schutz und zur Nutzung des Gebietes, andererseits - und gerade in der Anfangsphase verstärkt - Initiativen zur und auch inhaltliche Beteiligung an der Erarbeitung der notwendigen Konzepte.

Die Aufgaben der Naturparkleitung gliedern sich grob in vier Hauptfelder:

a) Leitungs- und Koordinierungsaufgaben innerhalb des Naturparks;

b) Herstellung und Sicherung der Kommunikation zwischen dem Naturpark und externen Institutionen, sowohl innerhalb der Region als auch darüber hinaus;

c) Verantwortung für die praktische Realisierung der fixierten Aufgaben im Naturpark in Naturschutz, Landschaftspflege, Umweltbildung, Tourismus usw.;

d) Eigenständige Durchführung von Forschungsaufgaben (soweit personell möglich) sowie Initiieren und Vergabe von wissenschaftlichen Auftragsarbeiten (Gutachten, Konzepte, Leitbild, Stellungnahmen);

Im einzelnen hat die Naturparkleitung insbesondere folgende Aufgaben zu bewältigen (Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung 1994):

  1. Organisation und Verwaltung, insbesondere Betrieb und Unterhalt des Naturparkes sowie seiner Einrichtungen;
  2. Erarbeitung einer Naturparkplanung, die vor allem die Maßnahmen zur Sicherung, Pflege und Entwicklung des Gebietes als naturraumtypische Vorbildlandschaft und als Erholungsraum enthält;
  3. Schutz, Pflege und Entwicklung des Naturparkgebietes, insbesondere der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes sowie der Bewahrung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes für die Allgemeinheit;
  4. Koordinierung und Betreuung aller Maßnahmen des Naturschutzes, insbesondere Schutz und Pflege der Pflanzen- und Tierwelt einschließlich ihrer Lebensräume;
  5. Naturwissenschaftliche Beobachtung und Dokumentation, Anregung, Vergabe und Koordinierung von naturwissenschaftlichen Untersuchungen;
  6. Planung, Koordinierung und Betreuung von landschaftspflegerischen Aufgaben, insbesondere unter landschaftsästhetisch/kulturhistorischen Gesichtspunkten;
  7. Förderung der naturnahen und naturverträglichen Erholung im Naturpark
  8. Umweltbildung der Bevölkerung und der Besucher des Naturparks über die Naturausstattung und Kulturgeschichte sowie Sehenswürdigkeiten, Organisation, Planung, Verhaltensweisen und Erholungsmöglichkeiten im Naturpark;
  9. Organisation und Lenkung des Besucher- und Erholungsverkehrs sowie des Tourismus;
  10. Kontrolle der Einhaltung der Naturparkverordnung sowie der Planungen (z.B. Landschaftsrahmenpläne)
  11. Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden, den Gemeinden und gegebenenfalls mit dem Landschaftspflegeverband bei der Durchführung von Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen.

7.3. Personelle Ausstattung

Zur Realisierung dieser umfangreichen Aufgaben ist eine angemessene personelle Ausstattung des Naturparks erforderlich, wobei sich Zahl und Zusammensetzung der Mitarbeiter den sich wandelnden Erfordernissen anpassen müssen. Insbesondere in der Aufbauphase werden die Arbeitsgewichte anders verteilt sein als in einer zeitlich fortgeschrittenen Phase der Entwicklung des Naturparks.

Grundsätzlich werden nur sehr flexible Mitarbeiter die verschiedenen Aufgaben bewältigen können. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, aber auch im Interesse der Kontinuität der Entwicklung, müssen von einer mit festen Mitarbeitern besetzten Managementzentrale aus temporäre oder dauerhafte Kooperationsbeziehungen aufgebaut werden, um mit deren Hilfe spezielle Aufgaben zu bewältigen.

Die personelle Grundausstattung der Naturparkverwaltung sollte von Beginn an mindestens folgende Stellen umfassen:

Für diese Tätigkeit sollten angemessen qualifizierte und möglichst erfahrene Mitarbeiter gewonnen werden. Hinzu kommen weitere Arbeitskräfte zur Durchführung der dringendsten Arbeiten für Naturschutz, Pflegearbeiten und Besucherbetreuung. Diese Arbeitskräfte werden zunächst vermutlich über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gewonnen werden müssen.

Wünschenswert wäre es außerdem, im Naturpark ein eigenständiges wissenschaftliches Potential für bestimmte Forschungs-, Planungs- und Weiterbildungsaufgaben zu schaffen. Dies ist jedoch in erster Linie eine Frage der verfügbaren Mittel.

 

8. Räumliche Ausdehnung des Naturparkes

Der Naturpark schließt das Territorium mit folgender Begrenzung ein:

Die Begrenzung ist in der beiliegenden Karte eingezeichnet.